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Der Kohlanbau bei Aßweiler

In Zeiten, wo regionale Lebensmittel und „alte Kulturpflanzen“ angeblich „en Vogue“ sind, erinnert Patric Bies, Bliesgau Ölmühle und Slowfood-Förderer an den einstigen Anbau verschiedener Kohlsorten in Aßweiler, einem Dorf im Biosphärenreservat Bliesgau.

Die Lisdorfer Aue - ein fruchtbares Überschwemmungsgebiet der Saar - gilt als das klassische Gemüseanbaugebiet des Saarlandes. Schon seit über 400 Jahren ist der Anbau nachweisbar. Den Älteren unter uns sind sicher noch die zahlreichen Gemüsebauern aus Lisdorf in Erinnerung, die jahrzehntelang auf keinem saarländischen Wochenmarkt fehlen durften. Der fruchtbare Boden erlaubte vielen Generationen gute Erträge an Gemüse, allen voran der Kohl und seine vielen Verwandten.
Doch nur die wenigsten wissen noch, dass es neben Lisdorf ein weiteres Anbaugebiet für Kohl (lt. Brassica) im Saarland gegeben hat. Im beschaulichen Aßweiler, im heutigen Biosphärenreservat Bliesgau wuchs jahrzehntelang Kohl in vielen Variationen. Und dies hektarweise.
Großflächiger Kohlanbau in Aßweiler gab es ab dem Zweiten Weltkrieges bis Mitte der 90er Jahre. In den Nachkriegsjahren und der „Saarzeit“ (1946 - 1959) war mit Kohl gutes Geld zu verdienen. Nicht nur der Handel nahm händeringend Kohlköpfe ab. Es lohnte sich sogar den Hänger hinter dem Traktor voll zu laden und in Neunkirchen, Homburg, Schiffweiler oder Sulzbach die Köpfe von Haus zu Haus anzubieten. Weil nur die wenigsten Haushalte über Kühlschränke verfügten, empfahl sich der Weißkohl als lagerfähiges Gut. Auch Sauerkraut machten viele Haushalte noch selbst, wofür schon einige Köpfe benötigt wurden.
Heinrich Ziehl und seine Familie waren die ersten, die davon profitierten, dass sich die Böden bei Aßweiler hervorragend zum Anbau von Weißkohl, Rotkohl und Wirsing eigneten. Seinem Beispiel folgten weitere Landwirte und suchten ihr Glück im Kohl. Am Anfang der 60er Jahre, in den goldenen Zeiten des Aßweiler Kohls, waren es insgesamt 30 Landwirte. Neben dem HELA-Markt waren noch weitere Einzelhandelsgeschäfte oder Großhändler Kunden. Herr Ziehl gab etwa 1995 den Kohlanbau komplett auf, bis dato belieferte er die Globus-Märkte. Er war somit der letzte „Kohlbauer“ in Aßweiler.
Der Grund, warum sich der Kohlanbau in Aßweiler nicht halten konnte, begründete sich nicht alleine in den veränderten Essgewohnheiten, sondern durch die sehr schwankenden Ernteerträge. Für trockene Jahre gab es keine - wie heute in Lisdorf noch übliche - mit preisgünstigem Wasser der Saar versorgte Beregnungsanlage.
Familie Ziehl bewirtschaftete auch einen Milchviehbetrieb und hatte in Spitzenzeiten 80 Kühe auf 40 Hektar Fläche. Der Kohlanbau war nur eines von mehreren Standbeinen, keinesfalls Haupterwerbsquelle, obwohl sich dieser bei ihm auf vier bis fünf Hektar Fläche erstreckte.

30 Tonnen jährlicher Ertrag und mehr pro Hektar Weißkohl, dürften seinerzeit normal gewesen sein. Dafür mussten im frühen Frühjahr bis zu 100.000 Stecklinge vorgezogen und nach dem letzten Frost eingesetzt werden.
Dank neuer Sorten und Fortschritte im Landbau sind heutzutage 60 Tonnen und mehr keine Seltenheit.

Weiteren Absatz fanden die Kohlköpfe in der Sauerkrautfabrik Linn in St. Ingbert. Und in kleinerem Umfang die Sauerkrautfabrik Knoll in Hinterweidenthal/Pfalz. Parallel dazu nahmen auf Initiative der ASKO („Allgemeine Saarkonsum GmbH“) im 15 Kilometer entfernten Medelsheim für wenige Jahre Landwirte den Kohlanbau auf, und versorgten die dortige Sauerkrautherstellung. Die Böden bei Medelsheim besaßen, wie bei Aßweiler hierfür gute Voraussetzungen. Doch endete dieses Experiment wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit nach nur zwei Jahren. Die niedrigen Ankaufpreise machten den Kohlanbau unwirtschaftlich.

Ernte

War der Herbst und damit die Erntezeit herangerückt ging es um alles und die ganze Familie musste mitarbeiten. Doch heute wie damals waren auch Erntehelfer*innen nicht aus der Landwirtschaft wegzudenken. „Da gab es einen, der aus Österreich anfangs mit dem Fahrrad kam und das Kohlschneiden als Dienstleistung anbot. In den Folgejahren kam er mit einem Motorrad, später mit einem Renault 4“ erinnert sich Heinrich Ziehl noch nach Jahrzehnten und fügt hinzu: „Mit Kohl war also gutes Geld zu machen“.

Aßweiler Kohlsorten

Holsteiner Platter
Wüchsige, großköpfige Sorte mit kräftigem Umblatt. Flachrunder Kopf für Sauerkrautherstellung, nicht zur Einlagerung. Aussaat April bis Mai ins Freiland oder Mitte April unter Flachfolie (die Folie verfrüht 2-3 Wochen und verhindert den Erdflohbefall). Pflanzung Mitte Mai bis Mitte Juni.

Dieser löste den „Braunschweiger“ ab.

Brunswijker (Braunschweiger)
bewährt für Herbstbedarf und Sauerkraut. Auch als Lagerkohl geeignet. Entwicklungszeit ca. 120 Tage. Enthält Vitamin E.
Benötigt viel Wasser. Der Boden sollte regelmäßig durch Hacken gelockert werden. Am besten 4 Wochen nach dem Auspflanzen zu Beginn der Kopfbildung. Mulchen hält den Boden feucht und unterdrückt Unkraut.

Beliebt waren auch „Marner Sorten“, (Marne in Dithmarschen)

Marner Frührot: Französische Rotkohlsorte, die für ihre Robustheit und schöne Krautköpfe geschätzt wird. Die frühreife Sorte ist wüchsig und bringt Köpfe mit 2 bis 2,5kg hervor; mittlere bis gute Lagerfähigkeit
: Französische Kohlsorte mit spätem Reifezeitpunkt; Marner Lagerrot behält auch bei einer Einlagerung von mehreren Wochen noch sehr gut die dunkelviolette Farbe. Die runden Köpfe sind mittelgroß bis groß, festgeschichtet und geschlossen.

Mittelfrühe Wirsingsorte „Marner Frühkopf“, „Marner Grüfewi“ (Robuste Wirsingsorte mit dunkelgrünen Blättern und feingekrausten Krautköpfen; besonders gut lagerbar; übersteht auch in rauen Regionen den Winter im Freien), Späte Sorte: „Marner Dauerwirsing“


Nach einem Gespräch mit Herrn Heinrich Ziehl (84) am 21. Februar 2020 in Aßweiler

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Bliesgau Ölmühle • Gut Hartungshof • Bliesransbach


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