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Saatgutbörse 2024 in Blieskastel

Blieskastel. Bereits zum siebten Mal haben wir mit zahlreichen Kooperationspartnern die Bliesgau-Saatgutbörse in der Orangerie in Blieskastel organisiert. Nicht ganz ohne Hintergedanken immer an jedem ersten Sonntag nach Karneval, denn dieser wurde von den Altvorderen noch „Erbsensonntag“ genannt. Seit dem Mittelalter dreht man im nordsaarländischen Wadrill an dem Tag ein brennendes „Erbsrad“ gen Tal.

Es ist der Tag, an dem offiziell die christliche „Fastenzeit“ beginnt und mit der Reduzierung von Fleisch die große Zeit der Hülsenfrüchte beginnt. Denn Hülsenfrüchte liefern die Proteine, die durch Fleischverzicht nicht mehr aufgenommen werden können.
Außerdem handelt es sich bei Erbsen um Kulturpflanzen, die früher in allen Bauern- oder Arbeitergärten wuchsen, aber leider inzwischen zu den seltenen Gewächsen gehören.

Bei Erbsen, wie bei Linsen und Bohnen gilt: Die Sortenvielfalt unserer heimischen Kulturpflanzenwelt ist bedroht. Durch die Vorherrschaft mächtiger Konzerne, gedeiht immer weniger Leben. Immer neue Regelungen und Entwicklungen erschweren den Anbau und Erhalt samenfester Sorten. Auch führt die Bequemlichkeit der Menschen, Samen im Supermarkt zu kaufen, dazu, dass diese kaum noch in Gärten wachsen und bis zum Samen gedeihen.
Zunehmend verbreiten sich Hybridsorten, mit denen kein Nachbau mehr möglich ist. Ebenso schädlich für die heimische Pflanzenwelt sind die Entwicklungen auf dem Gebiet der Grünen Gentechnik, das erheben von Patenten auf gentechnisch veränderte und konventionelle Pflanzen. Die unübersehbare Monopolisierung auf dem Saatgutmarkt sorgte so für eine Abnahme von Nutzpflanzensorten.
Wird der Rückgang der Biodiversität auf 70 Prozent aller Arten in Deutschland seit 1960 konstatiert, dürfte dieser bei unseren Kulturpflanzen nicht weniger dramatisch ausfallen.

Aus diesem Missstand erwuchs weltweit eine Bewegung, die es sich zur Aufgabe macht, den Erhalt von Nahrungsmittel-Pflanzen selbst zu organisieren und unter dem Motto „Essen und nicht vergessen“, Pflanzensamen selbst zu vermehren und mit Gleichgesinnten zu tauschen. Tauschen deshalb, weil ein Verkauf gegen Gesetze verstoßen würde.
Die diesjährige Saatgutbörse fällt in eine Zeit, wo eine weitgehende Deregulierung der Gentechnik droht. Die EU-Kommission beabsichtigt, dass künftig gentechnisch veränderte Pflanzen ohne Sicherheitsprüfung, ohne Kennzeichnung freigesetzt werden dürfen, auch ohne Rückholbarkeit, ohne Schutzmöglichkeiten vor Kontaminationen und ohne Haftungsregelungen. Hiervon geht eine große Gefahr für die Vielfalt einheimischer Kulturpflanzen aus.

Auf der nunmehr siebten Auflage der „Bliesgau Saatgut-Tauschbörse“, der einzigen dieser Art im Saarland, ging es also wieder um mehr als ums bloße Tauschen. Viele Teilnehmer*innen – teilweise aus der Pfalz und Lothringen angereist - nutzen die Gelegenheit etwas für die Vielfalt und dem Erhalt der biologischen Vielfalt unserer Heimat zu tun.
Ein solch regionales Beispiel ist der (fast vergessenen) spektakuläre Bohnenanbau in dem Blieskasteler Ortsteil Lautzkirchen. „Ruhm vom Vorgebirge“ oder „Feuerbohne“ waren Stangenbohnensorten, die früher sehr verbreitet waren. Ab 1900 entwickelte sich im Blieskasteler Ortsteil ein gewerbsmäßiger Bohnenanbau, der sich auf Sage und Schreibe 200.000 Stangen steigerte, was Erträgen von etwa 200 Tonnen im Jahr 1918 entspricht. Leider setzte nach dem Zweiten Weltkrieg ein langsamer und stetiger Rückgang des Bohnenanbaus ein, weil man im Hauptberuf deutlich mehr verdiente als in der Landwirtschaft. Die Bohnenstangen prägten fortan immer weniger das Dorfbild.

Dank der Saatenbörse konnten einige Samen dieser Bohnensorte geordert und von einigen Akteuren so vermehrt werden, dass diese „Lautzkirchener Sorte“ in vielen Gärten der Region nun überleben können.
Kooperationspartner der Saatgutbörse sind: Slowfood-Saarland, Die Gaadekrott, Rosa Luxemburg Stiftung/Peter Imandt Gesellschaft, Zukunftswerkstatt Saar, Weltveränderer e.V.



Bliesgau Ölmühle • Gut Hartungshof • Bliesransbach


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